Studium – und was dann? Und: Vor allem wie weiter? – Neben meinen Vorlesungen werde ich immer wieder gefragt, wie sich ein Studierender auf den späteren unternehmerischen Alltag vorbereiten sollte. Denn meine Studierenden wissen, dass ich in meinen früheren Managementaufgaben in Unternehmen wie Otto, ZARA, Galeria Kaufhof und Tchibo immer wieder auch Hochschulabsolventen eingestellt habe und auch heute noch enge Kontakte mit Unternehmen aus meiner Rolle als Präsident des Marketing Club Hamburg pflege. Wichtiges Hintergrundwissen also, um den Studierenden entsprechende Empfehlungen geben zu können.
In diesem Zusammenhang sprechen wir zumeist über die folgenden Aspekte, die einen Einstieg in die ersten Gespräche und damit in das Berufsleben erleichtern
- Stimme Dich auf die ausgeschriebene Aufgabe ein – und das nicht nur über das Lesen der Stellenausschreibung, sondern über das inhaltliche Hinterfragen und Verstehen der damit verbundenen Aufgabe. Wenn dabei Fragen entstehen: Nutze das als wichtige Fragestellung für die Reflektion der Aufgabe im Vorstellungsgespräch
- Informiere Dich im Vorfeld über das Unternehmen und dessen aktuelle Herausforderungen: Sammle Informationen über das Unternehmen, das die Stelle zu vergeben hat, über das dahinter liegende Geschäftsmodell und den Wettbewerb, dem das Unternehmen gerade ausgesetzt ist. So kannst Du gezielte Fragen stellen und zeigen, dass Du nicht nur an einem Job interessiert bist, sondern auch an einem spannenden Unternehmen.
- Bereite eine überzeugende Erklärung für die Wahl Deines Studiengangs vor: In ersten Kennenlerngespräche wollen Führungskräfte häufig wissen, von welcher Hochschule ein Bewerber kommt. Und dabei interessiert sie eigentlich weniger, wo jemand studiert hat, sondern welche Motivation hinter der Wahl des Studiums gestanden hat. Deshalb: Sei in der Lage zu erklären, nicht nur WAS Du studiert hast, sondern vor allem auch, WARUM Du Dein Studium gewählt hast.
- Was hast Du in Deinem Studium gelernt? Sei in der Lage, spontan und glaubwürdig zu erläutern, was Du in Deinem Studium gelernt hast. Und dabei geht es nicht nur um die schlichte Aufzählung der generellen Studienfächer, sondern vor allem auch um die übergreifenden Fähigkeiten, die Du dabei gelernt hast, wie z.B. strukturiertes Denken, methodisches Arbeiten usw.
- Habe eine nachvollziehbare Erklärung für die Wahl Deiner Hochschule: Gerade im Fachbereich Wirtschaft gibt es mittlerweile ein sehr breites Angebot möglicher Hochschulen – sehr viele staatliche wie mittlerweile auch viele renommierte private Institutionen. Und dabei will mancher Interviewpartner gerne wissen, aus welchen konkreten Gründen Du genau unsere Hochschule gewählt hast. Denn die Art und Weise, wie Du von Deinem Studium berichtest, lässt viele Rückschlüsse auf Deine Begeisterungsfähigkeit zu.
- Sammle Erfahrungen NEBEN dem Studium: Nur ein Studium erfolgreich absolviert zu haben, ist für viele Entscheider nicht mehr allein ausschlaggebend. Ein wichtiges Indiz für einen engagierten und damit geeigneten Bewerber sehen viele Unternehmen deshalb vor allem darin begründet, wenn sie/er auch neben dem Studium bereits einschlägige Arbeitserfahrungen in Unternehmen gesammelt hat. Denn nur die Kenntnis von Methoden ist noch lange keine Garantie für die Fähigkeit, diese im Arbeitsalltag auch anwenden zu können.
- Bleibe authentisch – bereite Dich auf das Gespräch vor, gebe die Inhalte jedoch nicht auswendig wieder. In einem Vorstellungsgespräch zählt nicht nur das Ergebnisse des Abschlusszeugnisses, sondern vor allem auch der persönliche Eindruck, den ein Bewerber hinterlässt. Ein überzeugender Bewerber liefert dabei nicht nur gut formulierte inhaltliche Antworten, sondern hinterlässt auch einen glaubwürdigen, sympathischen und nachhaltiger Eindruck.
- Übe das Vorstellungsgespräch und mögliche Reaktionen: Suche Dir einen Gesprächspartner Deines Vertrauens, der ein solches Vorstellungsgespräch bereits einmal erlebt hat, um Dein eigenes Verhalten bzw. Antworten auf mögliche Reaktionen auf Fragen zu trainieren. Denn ein solches Vorstellungsgespräch kann von einer gewissen Nervosität begleitet sein – eine zielgerichtete Vorbereitung kann etwas Selbstsicherheit bringen.
- Netzwerken: Eine häufig unterschätzte und inhaltlich dennoch enorm wichtige Lern-, Erfahrungs- und damit auch Inspirationsquelle im Leben ist das Netzwerken. Denn der Austausch zu bestimmten Fragestellungen mit Gleichgesinnten aus ganz anderen Umfeldern und Unternehmen unter der Frage „Wie machst Du das eigentlich…?“ liefert gerade über die andere Perspektive häufig viele Impulse, auf die man möglicherweise selbst nicht gekommen wäre. Und dabei lernt man ganz nebenbei auch spannende Inhalte aus anderen Branchen und kulturellen Umfeldern. Und auch für die Zukunft kann es immer wieder gut sein, über solche Kontakte zu verfügen.
- Halte stets einen Plan B bereit: Mach‘ Dir bewusst, dass nicht jedes Vorstellungsgespräch zum Erfolg führt und nicht jede auf den ersten Blick reizvolle berufliche Aufgabe auch besetzt werden kann. Denn in einem Bewerbungsprozess gibt es zu viele Einflussfaktoren, von denen Du nur einen Teil selbst aktiv beeinflussen kannst. Deshalb ist es stets sinnvoll, sich auch nach alternativen Aufgaben und beruflichen Umfeldern umzuschauen.
In der Summe haben diese Vorgehensweisen nicht nur mir in meiner Karriere geholfen; so wie ich von meinen Absolventen in der unternehmerischen Praxis höre, haben diese Tipps auch ihnen für die Gestaltung ihres Berufsweges massiv geholfen.
Hamburg, 13. Mai 2024
Prof. Dr. Wolfgang Merkle
Professor Dr. Wolfgang Merkle ist Professor für Marketing und Management an der University of Europe for Applied Sciences (UE) am Campus Hamburg. Zuvor war er in verschiedenen Führungspositionen bei Tchibo, Galeria Kaufhof, ZARA, Massimo Dutti und Otto tätig.